Quantum-Informed Neural Networks eröffnen einen neuen Weg zu erklärbarer Künstlicher Intelligenz in der Teilchenphysik

27.10.2025
Visualisierung der QFI-Korrelationen von Top- und QCD-Jet-Bestandteilen in einem physikalischen Diagramm. Aritra Bal
Verteilungen im η-φ-Raum zweier Jets: links ein Top-Quark-Jet, rechts ein leichter Quark-/Gluon-Jet. QFIM-Elemente zeigen starke Korrelationen zwischen getrennten Subjets des Top-Jets, jedoch meist schwache für leichte Jets.

Forschende am Institut für Experimentelle Teilchenphysik (ETP), in Zusammenarbeit mit dem Imperial College London und der Durham University, haben die Quantum-Informed Neural Networks (QINNs) eingeführt: ein allgemeines Framework, das Quantuminformation und Observablen nutzt, um klassische neuronale Netze zu beschleunigen und zu verbessern. Die Anwendbarkeit dieses Ansatzes wird am Beispiel des jet tagging demonstriert – einer wichtigen Aufgabe für physikalische Analysen an Hochenergie-Beschleunigern wie dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN.

Aufbauend auf ihrer früheren Arbeit, in der die Methode “One Particle – One Qubit“ (1P1Q) zur Kodierung von Jet-Daten auf Quantencomputern eingeführt wurde, zeigte das Team, dass die Quantum Fisher Information Matrix (QFIM) – eine Größe, die beschreibt, wie empfindlich ein Quantenzustand auf Parameteränderungen reagiert – die Korrelationen zwischen den Teilchen, aus denen ein Jet besteht, erfassen kann.

Jets sind kollimierte Teilchenschauer aus Hadronen, die entstehen, wenn Quarks oder Gluonen bei Hochenergie-Kollisionen am LHC erzeugt werden. Das Verständnis ihrer inneren Struktur ist entscheidend für Tests des Standardmodells und für die Suche nach neuer Physik. Mithilfe eines Variational Quantum Classifiers (VQC) konnten die Forschenden zeigen, dass die aus einem mithilfe des 1P1Q-Formalismus vorbereiteten Quantenzustand extrahierte QFIM deutliche Substrukturen innerhalb von Jets sichtbar machen kann und so den Informationsfluss zwischen den Komponenten aufzeigt, aus denen beispielsweise die drei Subjets beim hadronischen Zerfall eines Top-Quarks entstehen.

Darüber hinaus zeigten sie, dass die QFIM selbst als leistungsfähiges Werkzeug für die Klassifikation dienen kann. Ein abstandsbasierter Klassifikator, der mit QFIM-Archetypen initialisiert wurde, konvergiert konsistenter, schneller und stabiler als Modelle mit zufälliger Initialisierung. Wird die QFIM zudem auf die Kanten eines Graph Neural Network (GNN) kodiert – wobei die Jet-Konstituenten die Knoten bilden, führt dies zu einer deutlichen Verbesserung der Klassifikationsgenauigkeit und der AUC (Area Under the ROC Curve), verglichen mit einem GNN, das ausschließlich kinematische Informationen nutzt. Dieser Effekt zeigt sich sogar ohne Training: Ein einfacher Klassifikator, der den Mahalanobis-Abstand als Trennmetrik verwendet und auf Mittelwert-Prototypen der Klassen basiert, zeigt ebenfalls eine merkliche Leistungssteigerung, wenn die QFIM genutzt wird, um die kinematischen Eingaben auf physikalisch informierte Weise zu erweitern.

Diese Arbeit legt nahe, dass die QFIM als kompakte und physikalisch bedeutungsvolle Alternative zu den Zweiteilchenkorrelatoren dienen kann, die in großen, auf Transformern basierenden Netzwerken verwendet werden. Sie eröffnet damit den Weg zu einer neuen Klasse von Quantum-Informed Neural Networks (QINNs): klassischen Modellen, die durch quantum-abgeleitete Informationen erweitert werden.

Die Studie wurde geleitet von Dr. rer. nat. Aritra Bal am Institut für Experimentelle Teilchenphysik (ETP) in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Markus Klute, in Zusammenarbeit mit Prof. Michael Spannowsky (Durham University) und Dr. rer. nat. Benedikt Maier (Imperial College London).

Die Ergebnisse sind als Preprint auf arXiv verfügbar und befinden sich derzeit im Begutachtungsverfahren für die Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift.

Kontakt: Dr. rer. nat. Aritra Bal